Kampf und Krampf in
unterster Spielklasse – na und!
Es wirkt wie die gute Miene zum bösen Spiel. Seelenruhig
schleicht Lars Lichtenberg, 24, über den Fußballplatz. Aufrechter Gang, den
Blick nach vorn gerichtet. Er lächelt. Es ist ein fröhliches Lächeln. Neben ihm
gehen seine Mannschaftskollegen vom Fußball-Team TSV Warzen III. Sie wirken
kaum minder schlecht gelaunt. Dabei wurden die Warzener soeben von MTV Banteln
mit 0:7 vermöbelt. Eine fußballerische Offenbarung - in der 4. Kreisklasse
Hildesheim! Tiefer geht nimmer. Es ist die unterste Spielklasse in Hildesheim
und die 12. Liga von der Bundesliga an runtergerechnet. Andere würden sich
dieses Niveau als Spieler gar nicht erst antun. Schon gar nicht, wenn man vom
Gegner so auseinandergenommen wird wie die Warzener. Doch nicht so Lars. Er
fiebert jedem Sonntagnachmittag mit großer Vorfreude entgegen. Dann steht
meistens ein Punktspiel für Warzen III an.
Eine verschworene
Truppe
Für Lars ist TSV Warzen III nicht bloß eine
Fußballmannschaft. Es ist mehr. Das Team ist wie eine zweite Heimat für ihn
geworden. „Wir sind eine super Truppe. Bei uns stimmt es in erster Linie auf
der menschlichen Schiene“, berichtet der Lehramts-Student. „Nach Heimspielen
grillen wir häufig zusammen und haben auch sonst eine Menge Spaß abseits des
Rasens.“ Er lässt seinen Blick über die laubbedeckte Spielfläche in Banteln
schweifen. Das Auswärtsspiel war die letzte Partie des Jahres. „Jetzt freue ich
mich unheimlich auf unsere Weihnachtsfeier. Die wird erfahrungsgemäß immer sehr
lustig. Das trifft auch auf unser Oktoberfest zu.“
Für den 24-Jährigen ist die intakte Gemeinschaft innerhalb
der Mannschaft mindestens genauso wichtig wie das Sportliche. Und das lässt
sich auch auf dem Rasen beobachten. Bei den Warzenern läuft und kämpft einer
für den anderen. Sie feuern sich immer wieder gegenseitig an. Teaminterne
Reibereien und Schuldzuweisungen gibt es ob des desaströsen Auftritts nicht.
Beim Gegner trotz des souveränen Sieges erstaunlicherweise schon. Deren Team schöpft das Wechselkontingent
komplett aus und tauscht drei Spieler. Diesen Luxus kann sich Warzen nicht
leisten. Auswechselspieler gibt es nicht. Hier muss jeder auf die Zähne beißen
und die 90 Minuten irgendwie durchstehen. Einer für alle. Alle für einen.
Team droht Auflösung
Das Resultat: Es hagelt Niederlagen, teils herbe Klatschen.
Die Warzener grüßen vom Tabellenkeller in der 4. Kreisklasse. Das alles macht
Lars nichts aus. Das Team ist es ihm wert. „Ich bin froh, dass es nicht
zweistellig wurde“, sagt Lars nach der Niederlage gegen Banteln. Er lächelt
noch immer.
Doch seine gute Laune könnte ihm bald abrupt vergehen: Die
dritte Herrenmannschaft des TSV Warzen steht vor einer ungewissen Zukunft. „Uns
droht die Auflösung, da wir oft die gerade erforderlichen elf Spieler beisammen
haben. Zudem droht TSV Warzen II der Abstieg in die 4. Kreisklasse und zwei
Mannschaften eines Vereins können nicht in derselben Klasse spielen“, so Lars.
Wehmut klingt in seiner Stimme mit. Und so könnte die Partie gegen Banteln
nicht nur die letzte Partie des Jahres gewesen sein. Womöglich war es sogar die
letzte Begegnung von Warzen III überhaupt. Einen „Wechsel“ zur zweiten
Mannschaft kann sich Lars nur als absolute Notlösung vorstellen. „Schwierige
Entscheidung. Das Gemeinschaftsgefüge in der dritten Herrenmannschaft ist
einzigartig. Bei einer Auflösung könnte ich mir unter Umständen vorstellen, für
die zweiten Herren zu spielen. Aber wahrscheinlich würde ich den Verein
verlassen.“ Dass er erneut in einem Team mit einem vergleichbaren Mannschaftscharakter
wie dem von Warzen III spielen wird, daran glaubt auch Lars nicht ernsthaft.
„Das lässt sich aber auch nur schwer toppen“, sagt er.
Plötzlich blickt er ernst drein. Er wirkt nachdenklich. Das fröhliche Lächeln
ist aus seinem Gesicht gewichen.
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