Freitag, 9. November 2012

Der Ritterschlag

„Den will ich nicht zum Feind haben“ oder „Der ist ein ganz unbequemer Gegner“ - abgegriffene Phrasen wie diese hat jeder von uns schon tausend Mal gehört. Es sind Worte des Respekts, der Anerkennung.
Wir (Zeitungs-)Journalisten orientieren uns an einer anderen Formel: „Wenn du für deinen Artikel gelobt wirst, dann hast du etwas falsch gemacht.“ Naja, jedenfalls wenn die Komplimente nicht von Kollegen oder Privatpersonen außerhalb der Redaktion stammen.
Insofern wurde ich kürzlich sogar mit dem Ritterschlag geadelt: Von einem Krankenhaus wurde mir noch vor der Veröffentlichung eines unliebsamen Berichts mit rechtlichen Konsequenzen und lebenslangem Hausverbot gedroht.


Warum eigentlich?



Die Reinigungsstandards in dem Krankenhaus lassen - milde gesagt – ein wenig zu wünschen übrig. Dies ist jedenfalls das eindeutige Ergebnis meiner Recherche.
Den Anstoß dazu gab ein ehemaliger Patient. Der steckte mir zahlreiche unappetitliche Details über das Putzverhalten. Und je intensiver ich recherchierte, desto mehr Personen berichteten mir ihre Erfahrungen über die Sauberkeitsverhältnisse in dem Krankenhaus. Aber nur hinter vorgehaltener Hand. Öffentlich vorpreschen wollte niemand. 
Auffällig bei den Aussagen war, dass sie allesamt äußerst negativ waren. Spätestens jetzt war der Zeitpunkt erreicht, an dem selbst der begriffsstutzigste Mensch gemerkt hätte, dass da was im Busch ist.

Gründliche Reinigung ist zu teuer

 


Also horchte ich mal bei der Klinik nach. Die Pressesprecherin, welch Wunder, konnte sich die Vorwürfe überhaupt nicht erklären. Merkwürdig, mit so einer Antwort hatte ich gar nicht gerechnet...
Und noch merkwürdiger: Die Betriebsräte von Krankenhaus und Reinigungsfirma (ausgesourctes Tochterunternehmen des Krankenhauses) konnten sich die Vorwürfe erstaunlicherweise sehr gut erklären. 
Munter plauderten sie aus dem Nähkästchen. Sie sprühten geradezu vor Erzähllaune: Gründlich putzen kostet nur unnötig Geld. Daher werden bestimmte Bereiche nur dreimal pro Woche gereinigt. Muss reichen, sagt der Chef.
Aha, langsam wird es echt interessant.


Keine Informanten – keine Story

 


Einige Tage später platzte die Story. Die Betriebsratsvorsitzenden zogen urplötzlich all ihre Aussagen kleinlaut zurück. Ohne Angabe von Gründen. Just zu jenem Zeitpunkt, an dem die Krankenhaus-Pressesprecherin meinen Chef anrief und mit den genannten Konsequenzen drohte. Merkwürdig, oder? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen