Übernachtung in der Küche
„Ein Schlauchboot, ja ein Schlauchboot, das hätten wir
wirklich gut gebrauchen können“, denke ich und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Dann wären wir wenigstens trockenen Fußes über den Campingplatz gekommen und
hätten in Ruhe auf der Wiese um unsere Zelte herum Ausschau nach Fischen halten
können. Ich muss schmunzeln, als mir diese Gedanken durch den Kopf schießen,
während ich fast splitternackt in meinem Schlafsack im Aufenthaltsraum des Campingplatzes
liege.
Nebenan, in der angrenzenden Küche, spült gerade ein anderer Camper sein
Geschirr. Ich stelle mir gerade sein verdutztes Gesicht vor, dass er gehabt
haben muss, als er die Küche betrat und dort vier Kerle in Schlafsäcken auf dem
Boden liegend vorfand. Für mehr Personen reichte der Platz dort zum Schlafen
nicht, daher übernachtete ich mit zwei weiteren Jungs im Aufenthaltsraum –
richtigen Camper kann das natürlich nichts anhaben.
Aber wieso kam es eigentlich soweit? Was war passiert?
„Wieso immer zu Hause feiern?“, dachte sich ein sehr guter
Kumpel von mir, als er überlegte, wie er seinen Geburtstag angemessen
nachfeiern sollte. Also fuhren wir zu neunt zum Zelten an die Nordsee nach
Krummhörn. Pünktlich zum Pfingstwochenende ist dort der Bär los, macht uns aber
nix.
Ratz fatz haben wir die vier Zelte, darunter ein fast 20 Quadratmeter
großes Gemeinschaftszelt, aufgebaut. Von
dem prognostizierten Regen für den Abend hatten wir gehört, aber echte Camper
schreckt so eine Wettervorhersage natürlich nicht ab. Tatsächlich prasseln ab
22.30 Uhr monsunartige Regenfälle nieder, die Temperatur geht schlagartig in
den Keller, keine zehn Grad sind es. Aber echten Campern macht das natürlich
nichts aus.
Der Regen ist dermaßen laut, dass man schon brüllen muss, um eine
normale Unterhaltung zu führen. Also machen wir uns in den Aufenthaltsraum auf,
spielen dort Poker. Ohne zu wissen, wie das Wetter bei uns ist, schickt mir
meine Schwester eine Kurznachricht aufs Handy. „In Hannover ist gerade
Weltuntergangswetter, so schlimm habe ich es lange nicht mehr erlebt.“ „Wie
gut, dass es bei uns nicht ganz so schlimm ist“, denke ich. Aber auch nur für
einige Minuten. Dann hat unser Geburtstagskind beim Pokern als Erster verloren
und verlässt den Aufenthaltsraum in Richtung Zelt.
Kaum ist er verschwunden, da
klingelt bei einem das Handy. Er sagt sekundenlang nichts, starrt wie versteinert
an die Wand, seine Augen weit aufgerissen. „WAAAAS??? Das kann doch nicht sein,
wir kommen sofort!“ Wieder ein kurzer Moment der Stille. Dann: „Das Zelt ist
komplett geflutet, alles steht unter Wasser.“ Wie von der Tarantel gestochen,
springen wir alle synchron auf und sprinten in Richtung Zeltplatz, ohne
Taschenlampen, sehen tun wir also fast nichts, denn Laternen stehen nirgends.
Wasser zum Abwinken
Macht aber nichts, denn schon in Zeltnähe stehen wir mehr als knöcheltief im
Wasser, ein herrliches Gefühl. „Dann brauche ich mir wenigstens nicht mehr die
Füße zu waschen“, denke ich. Duschen auch nicht, denn es gießt ununterbrochen
in Strömen. Mindestens zwei der vier Zelte haben sich selbstständig in ein
Übungsbecken für Wassergymnastik verwandelt.
Wir retten die nötigsten Sachen
aus den Zelten und beschließen, im Aufenthaltsraum zu übernachten. Aber nicht
alle: Zwei richtig Hartgesottene wollen freiwillig im Zelt nächtigen, da ihr
Schlafgemach noch nicht zum Aquarium umfunktioniert wurde. Richtige Camper
schrecken so ein paar Tropfen nicht ab.
Schaufel schafft Abhilfe
Ich bin übrigens keiner der beiden und
gebe zu, kein richtiger Camper zu sein. Die Klamotten in meiner Tasche sind alle
durchnässt, daher schlafe ich fast nackt im von innen trocken gebliebenen
Schlafsack. Diesen Luxus kann nicht jeder von den Jungs genießen. Aber ihr ahnt
schon: Richtigen Campern macht das natürlich nichts aus.
Also machen wir uns am nächsten Morgen an die Arbeit, um die
Seenplatte um unsere Zelte herum etwas
auszutrocknen. Für zwei Euro kaufen wir uns eine kleine Sandschaufel bei den
Campingplatz-Betreibern und heben einen kleinen Graben im Gemeinschaftszelt
aus, damit das Wasser langsam abfließen kann, der Rest wird herausgeschaufelt.
Über 100 Liter Wasser hatten sich im Gemeinschaftszelt angesammelt .
„Wenigstens regnet es seit 3 Uhr nicht mehr so heftig“, sagt einer der Jungs.
Und selbst wenn, dann hätten wir uns das Duschen gespart. Richtigen Campern
macht das eben nichts aus, richtige Camper brauchen auch kein Schlauchboot.
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