Freitag, 10. Januar 2014

Gut recherchiert ist halb gewonnen

Ist es nicht herrlich: Pünktlich zu jedem Jahreswechsel stellen die Menschen fest, an welchen Teilen ihres Lebensstils sie sich in den vergangenen 365 Tagen gestört haben und was sie daran ändern wollen.
Blöd nur, dass am Neujahrstag die meisten mit Matschbirne aufwachen und sich an die guten Vorsätze nicht mehr erinnern können. Und der Rest schießt die Vorsätze spätestens zwei, drei Wochen später zum Mond – denn so schlecht war das alte Leben auch nicht.

Lebensweisheiten der Redaktions-Ältesten


Zugegeben, das kommt mir bekannt vor. Aber dieses Jahr gebe ich meine Vorsätze nicht so schnell auf. Wirklich nicht. Ich habe ich mir nämlich unter anderem vorgenommen, auf den zweiten weisen Kollegen in meiner Redaktion zu hören.
In Sachen neunmalkluge Sprüche steht der meinem Chef nämlich in nichts nach. Ihr wisst schon, das ist der mit dem schönen Satz „Termin-Journalismus ist nicht ganz ungefährlich, weil uns Journalisten oft eine Wahrheit vorgegaukelt wird“. 
Eine ähnlich poetisch ausgeprägte Ader hat auch besagter zweite Redaktions-Weise. Er sagte neulich sinngemäß: „Eine gute Recherche ist die wichtigste Grundlage für einen fundierten und fehlerfreien Artikel.“
Klingt doch total easy, oder? Fand ich auch. Jedenfalls bis ich wenige Tage später beim Verfassen eines Artikel mit dem inhaltlichen Anspruch einer RTL II-Nachmittagssendung einen Riesenbock landete.
Wie das passieren konnte? Ich sage nur: „Eine gute Recherche ist die wichtigste Grundlage…“  bla bla bla.

Halbwissen ist tödlich

Da begleitet mich einer unserer Pressefotografen zu einem  Termin. Die Arbeitsteilung ist klar wie Kloßbrühe: Er macht die Bilder, ich kümmere mich um den Text. Denkste.
Denn der Fotograf hat in der Hektik vergessen, die fünf Pappnasen auf dem Bild nach ihren Namen zu fragen. Und ich kenne keinen einzigen davon. Mein Chef aber schon. Und der sitzt zum Glück in der Redaktion genau neben mir.
Aber einer der Namen will ihm partout nicht einfallen. Und ausgerechnet den bräuchte ich am dringendsten, da ich den Typ (immerhin ist er Standortältester der Bundeswehrschule für Strategische Aufklärung für den Standort Flensburg/Glücksburg) auch kurz im Artikel erwähnen möchte.
Hätte ich mal aufgepasst und mitgeschrieben, als er sich vorstellte. Hätte, hätte, Fahrradkette...
Zudem ist es abends und die Zeit drängt wegen des Redaktionsschlusses. Um die Uhrzeit sind Fotograf und Standortältester telefonisch natürlich nicht mehr zu erreichen, wie sich herausstellt.

Selbst der Chef ist nicht unfehlbar


Aber halb so wild. Nicht verzagen, Chefchen fragen, lautet die Devise. Wie gut, dass der plötzlich wieder zu wissen glaubt, wie der Standortälteste heißt.
Ich knall schnell den Namen in den Artikel. Puh, Problem gelöst. Falsch gedacht. Denn einerseits habe ich den werten Herrn zum Standortältesten der Marineschule gemacht. Die liegt zwar direkt neben der Bundeswehrschule für Strategische Aufklärung, aber knapp daneben ist auch vorbei.
Und der Name war natürlich falsch. Das weiß ich, seit der aktuelle Standortälteste mich tags darauf wutentbrannt anrief.
Der Name, der meinem Chef wieder einfiel, war der vom Vorgänger. Und der ist seit zwei Jahren im Ruhestand. Ups…
Ganz klare Panne der Kategorie: Kann passieren, darf aber nie passieren.
Kein Wunder also, dass ich mich selbst am Neujahrstag lückenlos an dieses Malheur erinnern konnte. Ein eindeutiges Indiz dafür, dass ich den Vorsatz der besseren Recherche so schnell nicht aufgeben sollte.