Im Grunde ist Weihnachten doch nichts anderes als ein
einziges Pulverfass, na sagen wir, zumindest ein Überraschungs-Ei: Wenn die in
aller Herren Länder verstreut lebenden Angehörigen zur Familiensause für ein
paar Tage nach Hause kommen, dann prallen Welten aufeinander – mit dem
Ergebnis, dass alle froh sind, wenn Weihnachten vorüber ist. Blöd nur, wenn
dieser Zustand schon vor dem eigentlichen Fest erreicht ist und die
Familientreffen erst noch bevorstehen.
Wie im Drogenrausch
Wie wäre dieses Ehemaligentreffen meines Abi-Kurses bloß
ohne Dampfplauderer Moritz* gelaufen? Wie ein Senioren-Kaffeekränzchen in
stocksteifer Spießer-Atmosphäre mit aufgesetztem Dauergrinsen?
Als feucht-fröhliche
Nostalgie-Runde, bei der jeder hofft und bangt, dass keine peinlichen Verfehlungen
von früher auf den Tisch kommen? Oder als Selbsthilfegruppe, bei dem die
Abi-Traumata gemeinsam aufgearbeitet werden? Wer weiß das schon.
Ganz sicher aber war es gut, dass unser Super-Bulle nicht dabei
war. Andernfalls hätte Polizeikommissar Max an dem Abend vermutlich sofort
einen Drogentest veranlasst.
Zumindest bei Moritz. Denn dessen Verhalten war allein
mit legalen Aufputschmitteln nicht mehr zu erklären. „Egal, was er genommen
hat, er hat bei der Dosis definitiv übertrieben“, raunte mir ein früherer
Mitschüler während des abendfüllenden Monologs von Moritz zu.
Schlimmer gehts nimmer?!?
Getreu dem Mutti-Merkel-Motto im jüngsten
Bundestagswahlkampf „viel reden, aber nichts sagen“ plauderte er völlig
aufgedreht über jedes erdenkliche Detail seines Lebenslaufs. So kennen wir nicht
nur den Namen seiner Freundin, sondern auch deren Körbchengröße.
Danke dafür,
Moritz. Denn bei dem Fremdschäm-Faktor kann selbst der Frauenlästerer Nummer 1,
Comedian Mario Barth, nicht mithalten.
Und die Verwandtschafts-Treffen an den Weihnachtstagen können
dies schon gar nicht. Kein Wunder also, dass im Laufe des Abends bei den
meisten von uns die Vorfreude auf das Fest stieg – denn schlimmer kann es dann
auch nicht werden. Danke dafür, Moritz.
* alle Namen geändert